Kartular

Schriften aus dem 14. Jahrhundert

Zu unterscheiden ist die Streichung von Textpassagen in Kopialbüchern (oben im Bild: StAAG AA/0428 fol. 26v) von der Löschung (unten im Bild: StAAG AA/0428 fol. 123v).

Die Aussagekräftige Leerstelle – Ergebnis

Die Lücke ist durch eine Löschung entstanden. Hier wurde also die oberste Pergamentschicht getilgt bzw. weggekratzt und der Text zum Verschwinden gebracht. Diese Technik unterscheidet sich grundlegend von der Streichung, wo eine Passage zwar gestrichen wird und somit ihre Gültigkeit verliert, aber trotzdem noch sichtbar bleiben soll.

Dabei entstand die Löschung nicht etwa, weil der Schreiber einen Fehler gemacht hatte oder weil Platz für einen neuen Eintrag gemacht werden sollte. An die Lücke schliesst nämlich kein neuer Eintrag an; alleine schon das Layout, die Rubrizierung und das Fehlen des roten Initials deuten darauf hin. Auch für eine Fehlbindung gibt es keine Hinweise – das Schriftbild gleicht sich auf beiden Seiten.

Vermutlich waren an der gelöschten Stelle Bestimmungen eingetragen, die aus der Sicht der Redaktoren nicht mehr im Buch stehen durften. Wobei sie nicht einfach nur «nicht mehr relevant» waren, sondern es geradezu störend gewesen wäre, wenn die entsprechende Passage weiterhin einsehbar gewesen wäre. Für die Interpretation eines solchen Dokumentes ist also nicht nur der Inhalt und das Layout des Kopialbuches aussagekräftig sondern auch das, was fehlt bzw. die Art und Weise, wie Passagen gelöscht oder gestrichen wurden.

Die Leerstelle (und die am Ende sichtbare Streichung) ist nicht zuletzt ein Beweis dafür, dass die Klosterordnung konsultiert und auch aktualisiert wurde. Vermutlich wurde der Abschnitt entfernt, als 1350 neue Klosterordnungen aufgesetzt wurden. Diese wurden, um in ihrer Gültigkeit mit den Reglementen aus den 30er-Jahren mithalten zu können, ebenfalls mit dem Datum von 1330 versehen. Es ist gut möglich, dass mit dieser «Fälschung», beziehungsweise Rückdatierung auch die Löschung im Kopialbuch vorgenommen wurde.