Transkriptionsregeln

Transkriptionsregeln (Kurzfassung)

Die Textwiedergabe soll möglichst genau erfolgen, so dass die Textschichten der Quelle erkennbar sind. Die Transkription soll über die Wiedergabe des sachlichhistorischen Inhaltes hinaus die sprachliche (inkl. orthographische) Form des Originals wiedergeben. Die wichtigsten Transkriptionsregeln:

  • Buchstabengetreue Wiedergabe
  • Gross- und Kleinschreibung
    Allgemein gilt das Prinzip der Kleinschreibung. Grosse Anfangsbuchstaben an Satzanfängen und für Eigennamen verwenden.
  • Kürzungen
    Eindeutige Kürzungen auflösen.
  • Münz- und Masseinheiten auf einheitliche Kürzungen vereinfachen.
  • Worttrennung, Zusammenschreibung und Interpunktion nach modernen Regeln.
  • Unsichere Lesungen in Textanmerkungen vermerken.
  • Leerstellen und Lücken in den Text aufnehmen und kennzeichnen.
  • Textanordnung
    Der gedruckte Text soll den Zeilen- und Seitenumbruch des Manuskriptes erkennen lassen.
  • Verschiedene Schreiberhände kennzeichnen
    Nachträge und Änderungen von gleicher und anderer Hand gehören in den Text und sind zu bezeichnen.
  • Textgestaltung
    Die Anmerkungsapparate werden unten auf der Textseite angebracht. Eine Zeilenzählung ist vorzusehen.

Jede Art der Textwiedergabe ist grundsätzlich eine Ermessenssache. Die nachfolgenden Regeln sind deshalb eine Empfehlung und sollten den Eigenheiten der einzelnen Quellen angepasst werden.

  • Die Textwiedergabe erfolgt buchstabengetreu. Besonderheiten:
    u/v/w

    Sowohl in lateinischen wie in deutschen Texten wird u nur vokalisch, v und w nur konsonantisch wiedergegeben. vv wird durch w ersetzt.

    /∫∫s Das lange wird als s, ∫∫s als ss wiedergegeben.
    cz/tz Wo nicht eindeutig zu unterscheiden, wird tz geschrieben.
    J/j (im An- und Auslaut) wird einheitlich als i geschrieben, da es als besondere Schriftprägung gelesen wird und meistens nicht eindeutig in der Funktion als j erkennbar ist.

  • Allgemein gilt das Prinzip der Kleinschreibung. Grosse Anfangsbuchstaben an Satzanfängen und für Eigennamen (Orts-, Flur-, Gewässer- und Personennamen) verwenden.
  • Die diakritischen Zeichen (überschriebene Buchstaben und Lautzeichen) geben Aufschluss zum Lautbild.

    Zeichen über Vokalen mit deutlich erkennbarer Form eines Buchstabens (a, e, i, o, u) werden nach dem Vokal ins Wort eingefügt.
    Zeichen über Vokalen, die nicht deutlich als Buchstabe identifiziert werden können:
    Zweiteilige Zeichen ( ̈/:) werden mit ̈ wiedergegeben, wenn sie einen Umlaut
    meinen (ä, ö, ü).
    Einteilige Zeichen, die formal deutlich erkennbar accent aigu (é), grave (è) oder
    circonflexe (ê) entsprechen, werden als solche wiedergegeben.
    Alle übrigen Zeichen werden mit accent grave wiedergegeben.
    Reine Distinktionszeichen (z.B. auf ú und ÿ zur Unterscheidung von n und j) werden weggelassen.
    Besondere und wichtige Schreibereigenheiten und die gewählte Wiedergabe werden in den Anmerkungen, Zierelemente und Ausschmückungen (Initialen) in der Einleitung erwähnt.

  • Eindeutige Kürzungen werden kommentarlos aufgelöst. Kürzungen am Wort- und Zeilenende werden nach modernen grammatikalischen Kriterien ergänzt.

  • Münzeinheiten werden mit den Abkürzungen lb, ß, d (Pfund, Schilling, Pfennig) wiedergegeben.
    Masseinheiten werden auf eine einheitliche Kürzung vereinfacht (z.B. mt für Mütt, ml oder mlt für Malter, kn für Kernen) oder aufgelöst.

  • Römische Zahlen werden durch arabische Ziffern wiedergegeben, und in der Einleitung wird ein Vermerk angebracht.

  • Die Wörter werden nach heutigem Sprachgebrauch getrennt oder zusammen geschrieben. Die Worttrennung am Zeilenende wird nach Eigenheit des Schreibers beibehalten.

  • Die Interpunktion wird den modernen Regeln angeglichen. Sie soll zum besseren Textverständnis dienen und wird daher sparsam verwendet. Sind mehrere gleichwertige Varianten möglich, bei denen eine unterschiedliche Deutung die Folge ist, so soll in der Textanmerkung darauf verwiesen werden. Auf interpunktionsähnliche Zeichen des Originals, die für die originale Textgliederung bestimmend sind, soll in der Einleitung hingewiesen werden.

  • Unsichere Lesungen werden in den Textanmerkungen vermerkt. Unsichere Worte und Wortteile werden im Text mit runden Klammern kenntlich gemacht oder durch drei Punkte in runden Klammern angedeutet. Mögliche Lesevarianten werden in den Anmerkungen angegeben.

  • Auslassungen und Leerstellen werden mit 3 Punkten ohne Klammern bezeichnet und in den Textanmerkungen erläutert. Durch den Gebrauch (Löcher, Tintenflecken) oder die materielle Verarbeitung (Bindung) entstandene Lücken werden, wenn sie ausgefüllt werden können (Wörter, Wortteile), in eckigen Klammern ergänzt oder durch drei Punkte in eckigen Klammern angedeutet. In den Textanmerkungen wird ein Hinweis angebracht.

  • Offensichtliche Fehler bzw. Verschreiber wie Buchstabenverschreiber, Doppelschreibungen von Silben und Wörtern werden kommentarlos verbessert. Alle übrigen vom Schreiber selbst nicht korrigierten Fehler werden in ihrer überlieferten Form im Text wiedergegeben. Wenn es zur Verständlichkeit des Textes dient, werden fehlende Wörter in eckigen Klammern kommentarlos in den Text eingefügt. In den Textanmerkungen werden Fehler kommentiert, welche die Benutzung einer Vorlage belegen und solche, die für das inhaltliche Verständnis relevant sind. Bei Gefahr von Missverständnissen (Druckfehler) kann ein Ausrufezeichen in runden Klammern in den Text eingesetzt werden.

  • Die verschiedenen Schreiberhände werden (unterschieden nach Grundeinträgen und Nachträgen) bezeichnet und wenn möglich identifiziert. Ein Wechsel in der Hand im Grundtext sowie der Tinte wird in den Textanmerkungen vermerkt. (Verweise: GH = gleiche Hand, AH = andere Hand; identifizierbare Hände = Hand A, Hand B; GT = gleiche Tinte, AT = andere Tinte)

  • Randnotizen, Nachträge, Änderungen, Streichungen und Marginalien (Hinweiszeichen) werden in den Text aufgenommen und in den Textanmerkungen erwähnt, gegebenenfalls wird die Schreiberhand gekennzeichnet. Die Einordnung in den Text erfolgt nach inhaltlichen (erst in zweiter Linie nach formalen) Kriterien. Nachträge bzw. Notizen moderner Hand (18.-20. Jh.) sind in den Textanmerkungen anzuführen.

  • Die Textanordnung der Transkription soll die Gliederung des Originaltextes erkennen lassen. Zeilenumbrüche werden beibehalten, in Ausnahmefällen mit einem Schrägstrich (/) erkennbar gemacht. Hinweise zur Abweichung von der originalen Textgliederung erfolgen in der Einleitung.

  • Die Blattzahl oder Seitenzählung der Vorlage wird in eckigen Klammern am Zeilenanfang eingesetzt.

  • Die originalen Überschriften und Nummerierungen werden beibehalten.

  • Leerblätter und fehlende Seiten werden in den Anmerkungen erwähnt.

  • Die Anmerkungen zum Text werden mit einem Buchstabenindex versehen. Der Umfang des Textes, auf den sich eine Textanmerkung bezieht, muss klar ersichtlich sein: Exponenten (aTexta) einsetzen. Grundsätzlich sollen Standardformeln- und Bezeichnungen verwendet werden (gestrichen, ergänzt, korrigiert, unsicher, nicht lesbar, verderbt, Rasur, Randnotiz, Lücke, Nachtrag usw.)

  • Sachanmerkungen werden mit einem Zahlenindex versehen. In die Sachanmerkungen gehören: Ergänzungen wie erschlossene Jahreszahlen und Orte sowie Bemerkungen und Kommentare inhaltlicher Art.

  • Für die Textgestaltung gilt: Die Anmerkungsapparate werden unten auf der Textseite angebracht. Eine Zeilenzählung ist vorzusehen. Es werden höchsten zwei Schriftgrade gewählt. Hervorhebungen werden kursiv oder allenfalls fett gemacht. Sie sollen sparsam verwendet werden, etwa für Überschriften.

  • In die Einleitung gehört eine Handschriftenbeschreibung, ausserdem:

    • Hinweise zur Textgestaltung

    • Beschreibung der originalen Textgliederung (z.B. Kustoden) und der Paginierung resp. Foliierung

    • Anpassungen bzw. Änderungen der Transkriptionsregeln

    • Kommentar zur Identifikation der Schreiberhände
      Angaben zu Schriftbild, Schreibstil und Schreibereigenheiten

    • Entstehungszusammenhang, Überlieferungsgeschichte und Gebrauch

    • zeitliche, örtliche und sachliche Einordnung und Kontextualisierung

    • biographische Angaben zum Schreiber, Verfasser und Auftraggeber

    • Kommentare und Bemerkungen inhaltlicher Art
  • In den Anhang gehört das Abkürzungsverzeichnis, sowie spezielle Zeichen und ihre Wiedergabe.

Handschriftenbeschreibung

  • Aufbewahrungsort
    Bibliothek/Archiv und Signatur (auch alte Signaturen)

  • Beschreibstoff
    Pergament, Papier, evtl. Wasserzeichen, Qualität

  • Blätter
    Umfangangabe (Folios oder Seitenzahl, neue Blätter evtl. in röm. Zahlen)

  • Format
    Massangaben in cm (Buchblock)

  • Datierung
    vorhanden /nicht vorhanden, wie angegeben oder Jahrhundert (1. Hälfte, Mitte, 2. Hälfte)

  • Lagen
    Verschiedene Teile der Handschrift, Lagenordnung (Quaternionen, Quinionen, Sexternionen), Zahl, Besonderheiten (Reklamanten, Lagensignaturen), originale oder spätere Heftung?, Blatt- und/oder Textverluste, Besonderheiten der Foliierung oder Paginierung (original, neuzeitlich)

  • Schriftraum/Gliederung
    Massangaben, Liniierung, Spaltenzahl, Zeilenzahl, evtl. Absätze, Gliederungszeichen

  • Schrift
    Bezeichnung, Tinte (schwarz, rot), Grösse, Besonderheiten (Auszeichnungsschriften, Hervorhebungen)

  • Schreiber
    einer/mehrere (wenn nötig Scheidung der verschiedenen Hände), bekannt/unbekannt, Korrekturen, Randbemerkungen, Nachträge, Notizen, Federproben (zeitlich bestimmbar?)

  • Ausstattung
    Buchschmuck, Initialen, Illustrationen, Besonderheiten (unterschiedliche Typen, Grösse in cm oder Zeilenzahl, Farben, zeitlich-räumliche Eingrenzung)
  • Sprache
    Latein/Deutsch, räumlich-zeitliche Eingrenzung

  • Einband
    Holzdeckel/Pappe, Bezug (Leder, Papier), Verzierung, Schliessen, zeitliche (evtl. auch räumliche) Eingrenzung (Mittelalter, Neuzeit, zeitgenössisch, später), Spiegelblätter, Vorsatzblätter, eingebundene Fragmente. Titelschilder, alte Signaturen

  • Provenienz/Geschichte
    Herkunft, Ursprungsort, Buchpreise, Besitzvermerke, spätere Aufbewahrungsorte

  • Literatur
    Frühere Angaben/Publikationen zur Handschrift

  • Inhalt
    Verfasser, Titel, gegebenenfalls Gegenstand, Personen und Ort

  • Weitere Hinweise
    Editionen, Repertorien, Besprechungen, Vorlagen

Zitationsvorschlag

Andreas Kränzle, Sara Galle: Ad fontes, Ressourcen: Transkriptionsregeln, CC-BY, URL: www.adfontes.uzh.ch/ressourcen/schriften-lesen/transkriptionsregeln-pdf/.