Älteste Urkunde von Zürich

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Karolingische Privaturkunde. Anfang 9. Jahrhundert. Stiftsarchiv St. Gallen, Urk. I 184.

Die Transkription lautet:

(C) Ego in Dei nomen Nanzo cogito pro peccatis meis et anime meae remedium. Propterea trado aliquid de rebus meis, quod ego legibus conquesivi in pago Durgau-
gense in loco, que dicitur Fakisesuilari, ad monasterium sancti Gallonis, ubi Agino episcopus et Uuerdo abbas preesse videntur, tam terris, casis, casalis, pomariis, campis, pratis,
silvis, pascuis, aquis aquarumve decursibus, omnia ex integro ad ipsum locum pertinentem, quod me ibidem presens habere videtur; in eam vero diccionem et racionem,
ut ipsam rem liceat mihi et filiis meis post me et filii filiorum meorum et generacionibus meis ad usum fructuario habere, et exinde censum dare debeamus solidum
unum in quicquid potuerimus ad festivitate sancti Gallonis aut sancti Martini; et si de illo censo negare presumimus, tunc pastor ipsius monasterii in suam do-
minacionem revocare debeat sine ulla contradiccione.

«Wegen seiner Sünden und für sein Seelenheil» entschliesst sich Nanzo zu einer Übertragung seines rechtmässig erworbenen Besitzes im Ort Fägswil, der damals zum Thurgau gehörte, an das Kloster St. Gallen (Arenga). Der damalige Abt Werdo (784-812) steht in einer starken Abhängigkeit zu Bischof Egino von Konstanz (782-811), was auch in dieser Urkunde zum Ausdruck kommt. Wenig aussagekräftig ist in diesem Fall die Aufzählung der Güter (Pertinenzformel), die formelhaft Äcker, kleine und grosse Gebäude, Obstgärten, Wiesen, Felder, Wälder, Weideland, fliessende und stehende Gewässer nennt.

Der freie Grundbesitzer Nanzo wählte die häufigste Form des Besitztransfers im St. Galler Urkundenmaterial, indem er sich und seinen Nachkommen die Nutzniessung der Güter gegen einen jährlichen Zins vorbehält (sogenannter Prekariumsvertrag). Jährlich am Fest des heiligen Gallus oder des heiligen Martin hat er fortan einen Zins in der Höhe von einem Solidus ans Kloster abzuliefern. Das Kloster gewinnt hier weniger an Landbesitz als vielmehr eine über Generationen fortlaufende Zinsverpflichtung und ein dichtes Beziehungsnetz, das sich über ganz Alemannien erstreckte. Wird die Zahlung des Zinses verweigert, fallen die Güter wieder dem Kloster zu.