Brevier

Stiftsbibliothek Einsiedeln, Ms. 90, S. 21 (Ausschnitt).

Die Transkription lautet:

Sequitur
de beata virgine: Antiphona: Completi
sunt dies marie ut pare-
ret filium suum primogenitum.
Capitulum: Ave maria. Collecta:
Deus qui de beate marie
Postea de omnibus sanctis. Antiphona:
Ecce dominus veniet et omnes
sancti eius cum eo et erit in die
illa lux magna; Alleluia. Capitulum:
Ex syon species. Oratio: Conscien-
cias nostras.

Achte auf die Bogenverbindungen (pe) in species (vorletzte Zeile).

Die Antiphon ist eine Art Refrain, der im liturgischen Gesang Psalmen einleitet und beschließt, der aber auch nach jedem Vers wiederholt werden kann.

Rot unterstrichen im Text sind «Regieanweisungen». Sie weisen darauf hin, zu welchen Festen die folgenden Passagen verwendet werden. Hier werden Wechselgesänge zu Marienfesten («Sequitur de beata virgine») und zu Allerheiligen («Postea de omnibus sanctis») angefügt.

Das Brevier bezeichnet die Texte nur mit den ersten zwei bis drei Wörtern. Die vollständigen Texte sind den Mönchen geläufig oder finden sich in anderen Büchern ( Psalter, Vollbibel, Collectar, Homiliar, Lektionar usw.). Bibelstellen sind leicht mit Hilfe von Konkordanzen zu ermitteln.
Das erste capitulum verweist auf Lukas 1,28, das zweite auf Psalm 49,2.

Die gotische Minuskel des 14. Jahrhunderts hat die gitterartige Gleichbehandlung der Schäfte sehr weit getrieben. Zusätzlich durch die Bogenverbindungen und die hohe Zahl von Abkürzungen erscheinen die Texte stark komprimiert, Ergebnis einer sich immer stärker ausbreitenden Schriftlichkeit.