Brief Rosenrolls an Scheuchzer

Murmeltier (Johann Jakob Scheuchzer: Kupfer-Bibel (Physica Sacra), Band 1, Augsburg und Ulm 1731, Tafel 235. Zentralbibliothek Zürich, Alte Drucke 8.37. Ausschnitt).

Die Transkription lautet:

Von disen thieren, will ich nur berühren, die bey uns gahr gemeine, und
anderwerts selzame gäms, und murmelthier, welche letstem, wie be-
kant, winterszeit schlaffen, nach demme sie etwas vorrath an heü in ihren
hölenen zum fressen, oder ligen gesamlet: leben sonst von gras und wurzen,
auch wo sie gefangen, und heimlich werden, von allerhand kraut und obs:
man fangt selbige in spatem herbst in ihren hölenen.
Übersetzung:

In modernem Deutsch lautet der Text etwa:

Von diesen Tieren will ich nur über die bei uns verbreitet, andernorts aber selten vorkommenden Gemsen und Murmeltiere berichten. Letztere schlafen bekanntlich im Winter, nachdem sie in ihren Höhlen einen Vorrat an Heu zum Fressen oder Liegen gesammelt haben. Sie leben sonst von Gras und Wurzeln, und wenn sie gefangen und zutraulich werden von allerhand Kräutern und Obst. Man fängt sie im Spätherbst in ihren Höhlen,

Nebst den Murmeltieren beschreibt Rosenroll noch weitere Tiere der Alpen, wie etwa die Gemsen oder den Steingeier. In seinem Antwortschreiben auf Scheuchzers Rundbrief geht er aber auch auf zahlreiche andere Naturbeobachtungen und auf Kulturtechniken wie die Milchherstellung oder das Ernten ein.

Die Erkenntnisse von Rosenroll und seinen weiteren Korrespondenzpartnern ergänzen Scheuchzers eigene Forschungen und Reiseerfahrungen. Dieses so gewonnene Wissen hält Scheuchzer in zahlreichen Chroniken, Lexika und Landschaftsbeschreibungen der Schweiz fest, etwa in der dreibändigen «Natur-Historie des Schweizer Landes».
Als er mit 61 Jahren verstirbt, hinterlässt er nicht weniger als 148 Publikationen, und in einer Zeile seiner Grabinschrift ist zu lesen: «Nicht dem Alter, sondern der Arbeit erlegen».