Frühneuzeitliche Quellen aus dem Staatsarchiv Zürich

Die «Leichtfertigkeit» einer Köchin

Dass die Aufmerksamkeit für obrigkeitliche Mandate oft zu wünschen übrig liess, lässt dieses Bild des Zürcher Malers Heinrich Freudweiler (1755-1795) erkennen: Es zeigt schläfrige Gläubige in der Zürcher Predigerkirche (Zürcher Kunsthaus).

Der historische Einzelfall und die gesellschaftlichen Norm: Margareth Bischoff und Zürcher Sittenmandate – Ergebnis

Zürchern und Zürcherinnen, die im 17. Jahrhundert gegen Sittlichkeitsgebote verstossen hatten, drohten Geldbussen und Gefängnisstrafen, bei Wiederholungstaten zudem der Landesverweis. Interessant ist, dass das Mandat für Ehebrecher, die eine Busse nicht bezahlen konnten, kein Gefängnis verlangte, um einen familiären Erwerbsausfall und Unterbringungskosten, die für die Stadt angefallen wären, zu vermeiden; stattdessen wurde eine Ehrenstrafe («offene Schmach») verhängt. Erneut zeigt sich hier die Furcht der Zürcher Obrigkeit, für Liebesvergehen und deren Folgen finanziell aufkommen zu müssen.

Mandate werden dem Kirchenvolk von der Kanzel verlesen und bilden die gesetzliche Richtschnur für Richter. Sie prägen den Alltag, indem sie die Bevölkerung auf gesellschaftliche Abweichungen und Aussenseiterinnen aufmerksam machen, eben auch auf die unehelich schwangere Margareth Bischoff. Diese wird, wie Du gehört hast, am 22. April 1668 verurteilt, die Stadt Zürich zu verlassen, sie verliert also neben dem gewohnten Umfeld Arbeit und Einkommen.

Die vielen Mandate, Prozesse und Strafen können das Zürcher Liebesverhalten nie erfolgreich reglementieren. Dafür ist der Hinweis im Mandat vom 29. Januar 1668 (S. 14) bezeichnend, es müsse alle Jahre zwischen Ostern und Pfingsten neu verlesen werden. Das ist ein klarer Fingerzeig, dass die Normen der Liebe mit der Realität der Liebe ständig in Konflikt liegen - und dass die Obrigkeit sich deswegen immer wieder in Erinnerung rufen will.