Testament aus Piuro

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Urkunde vom 8. Januar 1209. Staatsarchiv Graubünden, A I/18m Nr. 01.

Bei der zu transkribierenden Urkunde handelt es sich um ein sogenanntes Notariatsinstrument, also ein von einem Notar geschriebenes und beglaubigtes Dokument.

Notare waren juristisch ausgebildete Schreiber. Das Notariat, das in Zusammenhang mit der Rezeption des Römischen Rechts steht, verbreitete sich von Italien aus im 13. und 14. Jahrhundert auch im deutschsprachigen Raum. Notare wurden vom Papst oder vom Kaiser bzw. König eingesetzt. Ihre Aufgabe war die Beurkundung von Rechtsgeschäften und die Beglaubigung von Urkunden. Mit der Beifügung des Signets bestätigte der Notar die Richtigkeit und Vollständigkeit des Dokuments. Dokumente ohne Notarssignet hatten keine Gültigkeit. 

Während sich in Nordbünden im 13. Jahrhundert die Siegelurkunde durchsetzte, blieben in Südbünden und z.T. auch im Engadin die Notare für die Beurkundung der privaten und öffentlichen Geschäfte zuständig. Notare genossen eine hohe soziale Stellung und wurden auch in die höchsten Ämter gewählt. Sie hielten die Geschäfte in Büchern chronologisch fest (Imbreviaturen), aus denen sie meistens, aber nicht immer, offizielle Urkunden ausfertigten.

Am Anfang und am Ende der zu transkribierenden Urkunde steht das Signum Tabellionis (Signet) des Notars, das mit (ST) wiedergegeben wird. Ganz typisch für die Notariatsurkunden sind die zahlreichen Abkürzungen. Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Abkürzungen: die Suspension, d.h. die Weglassung von Buchstaben am Wortende (mit einem Punkt oder übergesetzten Strich angedeutet), und die Kontraktion, d.h. die Weglassung von Buchstaben innerhalb eines Worts (mit einem übergesetzten Strich angedeutet). Benutze für die Auflösung der Abkürzungen den Cappelli.

Suggested citation

Immacolata Saulle/Sandro Decurtins: Ad fontes, Transkriptionsübung: Testament aus Piuro, CC-BY, URL: https://www.adfontes.uzh.ch/371250/