Hexenprozess aus dem Gericht Castels

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Prozessakten aus dem Gericht Castels aus den Jahren 1654–1656. Staatsarchiv Graubünden, B 2114/17 Nr. 7.

Die Drei Bünde gehören mit über 500 dokumentierten Hexenprozessen zu den am stärksten von den Hexenverfolgungen betroffenen Gebieten Europas. Die ersten bekannten Hexenprozesse in Graubünden fanden 1434 in Thusis und in Lostallo (Südbünden) statt. Bei diesen Fällen spielte jedoch der Streit um das Vermögen der Angeklagten eine grössere Rolle als der Zaubereiverdacht selbst. Bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts sind nur vereinzelte Fälle von Hexenverfolgung bekannt.

Erst am 11. Januar 1541 beschlossen die Drei Bünde, gegen Hexenwerk vorzugehen. Ab dem Ende des 16. Jahrhunderts wird die systematische Verfolgung von Hexen und Zauberern aus den Quellen deutlich ersichtlich. Der Höhepunkt der Verfolgung wurde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erreicht. Man kann für diese Zeit von einem regelrechten "Hexenwahn" reden. Die Hexenverfolgung setzte sich in dieser Region bis weit ins 18. Jahrhundert hinein fort.

Die Akte von Verena Flütsch, die für diese Übung ausgewählt worden ist, stammt aus einer Serie von Hexenprozessen im Hochgericht Castels (Prättigau), in deren Rahmen 1655 gegen vierzig Personen verurteilt und hingerichtet wurden. Die Prozessflut wurde von Personen aus dem benachbarten Gericht Klosters ausgelöst, welche man wegen Hexerei anklagte und die Namen weiterer Personen nannten.

Diese Denuntiationspraxis wirkte sich verheerend aus, da sich damit der Kreis der Verdächtigen sehr schnell ausweitete. Unter Folter wurden die gewünschten Aussagen aus den Angeklagten herausgepresst und Geständnisse erwirkt. Diese Prozessakten sind bezüglich der Klagepunkte typisch für das Hexenwesen im deutschen Südwesten. Die angeführten Klagepunkte umfassen nämlich das ganze Spektrum der gängigen Vorwürfe von Schadenzauber über Ehebruch und Abtreibung bis zum Teufelspakt.

Der Prozess gegen Verena Flütsch fand im September 1655 statt. Prozess und Ablauf der vorgebrachten Anklagen folgten dem üblichen Muster. Zuerst beteuerte Verena ihre Unschuld. Unter Folter bekannte sie sich schliesslich zu den Taten, die ihr unterstellt wurden. Am 21. September wurde sie zum Tode verurteilt und hingerichtet.

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Immacolata Saulle/Sandro Decurtins: Ad fontes, Transkriptionsübung: Hexenprozess aus dem Gericht Castels, CC-BY, URL: https://www.adfontes.uzh.ch/370440/